Deutsche Telekom: Prozess am Frankfurter Landesgericht geht heute weiter
Heute geht einer der größten Wirtschaftsprozesse in Deutschland in die nächste Runde. Am Frankfurter Landesgericht wird über die Klagen zum dritten Börsengang der Telekom verhandelt. Diese platzierte nach Aussage von über 17.000 Klägern ihre Aktienprospekte im Jahr 2000 falsch und tätigte nach dem Börsengang Geschäfte, die so für die Anleger nicht ersichtlich gewesen seien.
Konkret nennen die Anwälte der Kläger die Bewertung der Telekom Aktie vor Börsengang, hier soll der Konzern seinen Wert übertrieben haben. Zweitens soll die Übernahme des Handybetreibers Voicestream in den USA, welche Milliarden gekostet hatte, schon vor dem Börsengang ohne Wissen der Anleger abgemacht worden sein. Das sind nur zwei der insgesamt 187 Anklagepunkte, laut Klägeranwälten reicht es bereits, wenn einer davon nachgewiesen wird, um die Klage zu rechtfertigen.
Von den Klägern haben bereits knapp tausend ihre Klage wieder zurückgezogen, der Streitwert des Prozesses beläuft sich zur Zeit auf 78,9 Millionen Euro bei 16.098 Klägern in 2603 Verfahren. Am heutigen Montag wird ein sogenannter Musterprozess stattfinden. Diese Art von Prozess ist im Zivilrecht in Deutschland noch relativ neu, eingeführt wurde sie am 1. November 2005 mit dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz.
Grob gesagt bedeutet ein Musterverfahren, dass nicht alle Kläger einzeln, sondern eine Klage stellvertretend für alle behandelt wird. Bei dieser handelt es sich um die Klage eines Rentners aus Baden-Württemberg, dessen 1,2 Millionen Euro den höchsten privaten Klageanspruch darstellen.
Die Probleme bei so einer Art von Prozess sind folgende: Er dauert sehr lange und es ist für die Telekom kein Vergleich möglich, weil sie nicht sicher sein kann, ob sich alle Kläger darauf einlassen. Deswegen wird sich der Prozess wohl vom Landesgericht an den deutschen Bundesgerichtshof verlagern. Das bedeutet aber, dass das Verfahren voraussichtlich länger laufen wird, als das KapMuG selbst befristet ist, dieses läuft im Jahre 2010 erstmal aus, weil es „nur“ ein zivilrechtliches Experiment darstellt. Wie sich dann die Rechtslage ändern wird, weiß noch niemand.
Der Prozess gegen die Deutsche Telekom steht damit von vornherein nicht wirklich unter dem Stern der schnellen Gerechtigkeit. Viel eher wird der Konzern darauf bauen, dass sich noch mehr Kläger aus dem Verfahren zurückziehen, weil sie von der langen Prozessdauer im Verhältnis zum meist eher niedrigen Klageanspruch abgeschreckt sind.
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